Pilz des Monats Februar 2025 – Aufrechter Feuerschwamm, Steineichen-Feuerschwamm (Phellinus erectus, auch Fomitiporia erecta)
Wie der letzte, so ist auch dieser Pilz des Monats ein Fund aus Portugal, und ich kann Euch versichern, dass es mir nicht besonders schwer fallen würde, in den nächsten Jahren erst einmal nur Funde aus der Algarve vorzustellen. Unsere diesjährige Exkursionsfahrt, die wir als großen Luxus schon Ende Oktober begannen (normalerweise müssen freiberufliche Mykologen da noch Geld verdienen …), hat genau das erbracht, was wir uns erhofft hatten: einmal die frühe Saison in der Algarve zu erleben, mit (u.a. – natürlich gab es auch sonst eine ganze Menge …) zahlreichen Mykorrhizapilzen u.a. aus den Gruppen der Täublinge (da war wirklich „high noon“ – und daran habe ich noch etwas länger zu Kauen, wobei ich allerdings schon Hilfe habe), Röhrlinge und Wulstlinge; so haben wir in den ersten 10 Tagen immer wieder auch reichlich Kaiserlinge gesehen – eine Art, die ich natürlich schon kannte (aus Rumänien und Italien, bisher noch nicht im Freiland in Deutschland!) und die ich als zu langweilig erachte, um sie als Pilz des Monats vorzustellen (anders sieht das auf Facebook oder Instagram aus, und da hat Katharina die entsprechenden Wünsche auch durchaus bedient 😊.
Nun – warum zeige ich heute ausgerechnet einen Feuerschwamm, der ja nicht zu den genannten Pilzgruppen gehört und den wir auch sicher noch später im Jahr hätten finden können. Es liegt daran, dass die Verifikation der schon vermuteten Bestimmung gestern erfolgte, als ich dazu kam, den Fund zu mikroskopieren. Und was man sozusagen noch etwas Passendes im Arbeitsspeicher hat, warum dann lange überlegen, ob es noch etwas Besseres gäbe?
Aufrechter Feuerschwamm, Steineichen-Feuerschwamm (Phellinus erectus alias Fomitiporia erecta) am 29.11.2024 westlich von São Brás de Alportel (ö. Loule, Portugal, Algarve - Gorjões de Baixo, Poço dos Ferreiros), 248 m NN, GPS: N37°8'56.14" W7°56'41.73", am Boden in Gebüsch mit Steineichen (Quercus ilex s.l.) in Macchia über Kalk, auf vergrabenen ca. 5 cm dicken Holzresten (Äste oder Wurzeln, senkrecht im Boden steckend) von Quercus, 2 kreiselförmig aufrechte Fruchtkörper, leg., det. Katharina & Lothar Krieglsteiner, Fotos Lothar Krieglsteiner - das erste Foto zeigt den größeren und wohl älteren Fruchtkörper (beachten Sie die grüne Farbe bzw. das Algen-Wachstum auf der Hut-Oberseite) originalgetreu im Boden steckend und den kleineren wohl jüngeren Fruchtkörper daneben gelegt. Nur ca. 1 m weiter an der "Mutter"-Steineiche war der Rotporige Feuerschwamm zu finden. |
Aufrechter Feuerschwamm, Steineichen-Feuerschwamm (Phellinus erectus alias Fomitiporia erecta) am 29.11.2024 westlich von São Brás de Alportel (ö. Loule, Portugal, Algarve - Gorjões de Baixo, Poço dos Ferreiros), 248 m NN, GPS: N37°8'56.14" W7°56'41.73", am Boden in Gebüsch mit Steineichen (Quercus ilex s.l.) in Macchia über Kalk, auf vergrabenen ca. 5 cm dicken Holzresten (Äste oder Wurzeln, senkrecht im Boden steckend) von Quercus, 2 kreiselförmig aufrechte Fruchtkörper, leg., det. Katharina & Lothar Krieglsteiner, Fotos Lothar Krieglsteiner - die zweite Tafel zeigt im Foto oben den älteren Fruchtkörper am Boden liegend und den jüngeren Fruchtkörper originalgetreu im Boden steckend. Die Detail-Fotos unten (mit DNT Digital Mikroskop) zeigen die fein filzig behaarte Hut-Oberseite, die ein wichtiges Merkmal der Art(engruppe) ist. |
Aufrechter Feuerschwamm, Steineichen-Feuerschwamm (Phellinus erectus alias Fomitiporia erecta) am 29.11.2024 westlich von São Brás de Alportel (ö. Loule, Portugal, Algarve - Gorjões de Baixo, Poço dos Ferreiros), 248 m NN, GPS: N37°8'56.14" W7°56'41.73", am Boden in Gebüsch mit Steineichen (Quercus ilex s.l.) in Macchia über Kalk, auf vergrabenen ca. 5 cm dicken Holzresten (Äste oder Wurzeln, senkrecht im Boden steckend) von Quercus, 2 kreiselförmig aufrechte Fruchtkörper, leg., det. Katharina & Lothar Krieglsteiner, Fotos Lothar Krieglsteiner - das dritte Foto zeigt die kleinen Poren im Detail (ca. 5-6 pro mmm). |
Schon am Fundort war mir der Pilz aufgefallen. Überall in der Algarve, auch in direkter Umgebung, ist der Rotporige Feuerschwamm (Phellinus torulosus alias Fuscoporia torulosa – auch ein schöner Pilz …) sehr häufig, an verschiedensten Wirtsbäumen (darunter Johannisbrotbaum bzw. Carob Ceratonia siliqua, aber auch vielen anderen Gehölzen einschließlich Kork- und Steineichen), und mein allererster Eindruck war, dass mein Fund auch nur eine etwas „verhockte“ Aufsammlung dieser Art sei. Aber schon gleich fiel mir die etwas raue Hutoberfläche auf, und auch der ganze Habitus war ganz anders als wir es sonst vom Rotporigen Feuerschwamm kennen – eine Tatsache, die man eventuell auf das außergewöhnliche Substrat, nämlich im Boden steckende Holzreste (kleinere Äste!) schieben könnte. Nun ja – ein wenig Blättern und Googeln brachte dann schon die Vermutung, dass es Phellinus erectus sein könnte, und gestern kam ich dann dazu, dies auch mikroskopisch zu erhärten. Mehr oder weniger jedenfalls, wie ich unten noch ausführen werde.
Aufrechter Feuerschwamm, Steineichen-Feuerschwamm (Phellinus erectus alias Fomitiporia erecta) am 29.11.2024 westlich von São Brás de Alportel (ö. Loule, Portugal, Algarve - Gorjões de Baixo, Poço dos Ferreiros), 248 m NN, GPS: N37°8'56.14" W7°56'41.73", am Boden in Gebüsch mit Steineichen (Quercus ilex s.l.) in Macchia über Kalk, auf vergrabenen ca. 5 cm dicken Holzresten (Äste oder Wurzeln, senkrecht im Boden steckend) von Quercus, 2 kreiselförmig aufrechte Fruchtkörper, leg., det. Katharina & Lothar Krieglsteiner, Fotos Lothar Krieglsteiner - die erste mikroskopische Tafel zeigt hymeniale Setae. Ihre Anwesenheit ist ein wichtiges Bestimmungsmerkmal, auf der anderen Seite eigentlich ein Argument gegen die Zuordnung der Art zu Fomitiporia, die bei den anderen bekannten Arten (denken Sie an Eichen-, Tannen- oder auch Polsterförmigen Feuerschwamm) keine hymenialen Setae aufweist. |
Aufrechter Feuerschwamm, Steineichen-Feuerschwamm (Phellinus erectus alias Fomitiporia erecta) am 29.11.2024 westlich von São Brás de Alportel (ö. Loule, Portugal, Algarve - Gorjões de Baixo, Poço dos Ferreiros), 248 m NN, GPS: N37°8'56.14" W7°56'41.73", am Boden in Gebüsch mit Steineichen (Quercus ilex s.l.) in Macchia über Kalk, auf vergrabenen ca. 5 cm dicken Holzresten (Äste oder Wurzeln, senkrecht im Boden steckend) von Quercus, 2 kreiselförmig aufrechte Fruchtkörper, leg., det. Katharina & Lothar Krieglsteiner, Fotos Lothar Krieglsteiner - die zweite mikroskopische Tafel zeigt die dickwandigen, runden bis breit ellipsoidischen Sporen, die im Wasser- oder Laugenpräparat (nahezu) hyalin (Foto ganz links oben sind, sich in Melzers Reagens (und sicher auch anderen jodhaltigen Reagentien) deutlich nach rotbraun verfärben, also dextrinoid sind. Noch geringe Dextrinoidität zeigen die unreif(er)en Sporen ganz unten rechts, die noch an der Basidie festhaften ("Tetrade"). Die Dextrinoidität der Sporen ist ein typisches Merkmal der Gattung Fomitiporia. |
Aufrechter Feuerschwamm, Steineichen-Feuerschwamm (Phellinus erectus alias Fomitiporia erecta) am 29.11.2024 westlich von São Brás de Alportel (ö. Loule, Portugal, Algarve - Gorjões de Baixo, Poço dos Ferreiros), 248 m NN, GPS: N37°8'56.14" W7°56'41.73", am Boden in Gebüsch mit Steineichen (Quercus ilex s.l.) in Macchia über Kalk, auf vergrabenen ca. 5 cm dicken Holzresten (Äste oder Wurzeln, senkrecht im Boden steckend) von Quercus, 2 kreiselförmig aufrechte Fruchtkörper, leg., det. Katharina & Lothar Krieglsteiner, Fotos Lothar Krieglsteiner - hier noch Fotos von Hyphen der Röhren-Trama, diese sind mäßig dickwandig und braun. |
Die Gattung Fomitiporia wurde geschaffen, um die Gruppe der Feuerschwämme um den Eichen-Feuerschwamm (P. robustus bzw. F. robusta) zu umfassen, pileate Porlinge ohne hymeniale Setae und mit zunächst (fast) farblosen, dafür deutlich dextrinoiden (in Jodreagentien wie Melzers Reagens rötlichen) Sporen zu umfassen. Hinzu kamen mit der Gruppe um den Polsterförmigen Feuerschwamm (P. punctatus, F. punctata) auch resupinate Vertreter. Soweit so gut. Unser Fund, der offenbar molekular auch zu Fomitiporia gehört, hat jedenfalls – ein schönes Schlüssel- und Unterscheidungsmerkmal, neben durchaus schön dextrinoiden Sporen auch wunderbare und durchaus reichliche hymeniale Setae, eine Art besonders dickwandiger Zystiden. Insofern bleibt allein die Dextrinoidität für die Gattungsabgrenzung übrig, und offenbar ist nicht jeder der Meinung, dass Fomitiporia (und weitere Gattungen um Phellinus) abgespalten werden müssen (s.u.)
Die Bestimmung erschien mir zunächst nach Jülich (1984 – den hatte ich digital im Gegensatz zu den unten zitierten Büchern dabei) vorgenommen, ganz unproblematisch, nicht nur, weil der Schlüssel nach Beantwortung einiger Fragen ohne Schwierigkeiten zu P. erectus führte, sondern – nicht zuletzt – auch noch durch die fast wie die Faust aufs Auge passende ökologische Charakterisierung „auf kleinen Baumstümpfen von Quercus ilex, dicht am Boden“ erhärtet wurde. Zwar waren meine Substrate keine Stümpfe, der kreiselförmig aufrechte Habitus auf senkrecht eingegrabenen Ästen (oder eher Wurzelresten?) von Steineiche ließen schon ein „super, passt“ angebracht erscheinen. Zumindest ein klein wenig problematischer wird meine Zuordnung aber, wenn man Werke wie die von Bernicchia (2005, Fungi Europaei – ganz ähnlich ist die Problematik bei Ryvarden & Melo 2017: Poroid fungi of Europe)) benutzt. Auch bei Bernicchia lande ich noch schneller als bei Jülich bei einem Artenpaar mit P. erectus (ebenfalls in einer ungeteilten Feuerschwamm-Gattung). Dann kommt es aber noch auf die Sporengröße an, und mein Fund ist zwar arm an Sporen; deren Größe übersteigt aber kaum deutlich die 6 µm Länge. Und dann müsste ich meinen Fund als Phellinus rosmarini bestimmen, eine Art, die meist mit deutlich kleineren Fruchtkörpern und anderem Habitus angegeben wird (Sporen bei Bernicchia (6)6,5-7,5/(5)5,5-6,5 µm für P. erectus, aber 4,5-6,5/4,2-5,5 µm für P. rosmarinii, was deutlich besser zu meinem Fund passt – vergleichbare Werte auch bei Ryvarden & Melo). Das gefällt mir derzeit nicht, lasse mich aber gerne anders überzeugen. Beide Arten sind wohl nicht so extrem substratspezifisch – laut Bernicchia wächst P. erectus auf Quercus ilex und Arbutus (Erdbeerbaum), P. rosmarinii auf Rosmarinus, Rhamnus alaternus (Mittelmeer-Kreuzdorn), Cistus spec., Crataegus monogyna (Weißdorn), Ostrya carpinifolia (Hopfenbuche), Pistacia lentiscus, Arbutus unedo und Erica arborea, (Baum-Heide – Ryvarden & Melo sowie Rivoire (2020: Polypores de France et d`Europe) führen jeweils noch weitere Substrate übrigens auch für P. erectus an) also einer ganzen Reihe von Substraten. Warum nicht also P. rosmarinii auch an Eiche (was bisher niemand angibt)? So klar scheint die Unterscheidung aufgrund des Wirtes nicht zu sein.
Und wohl auch nicht bezüglich der Sporengröße. Rivoire (2020) lässt den Unterschied beider Arten hier gewaltig zusammen schrumpfen, und so darf der Verdacht aufkommen, dass es vielleicht nur eine einzige mediterrane Fomitiporia-Art mit hymenialen Setae gibt – die Maße sind laut Rivoire (der im Gegensatz zu den anderen Autoren die Gattung Fomitiporia aufrecht erhält) 5,2-5,9-6,6/4,7-5,4-6,1 für F. erecta sowie 5,0-5,8-6,6/4,4-5,1-5,9 für F. rosmarinii (von den kaum greifbaren Unterschieden abgesehen ist es eine Unsitte nicht nur dieses Buches, dass die Angaben der Sporengröße im Schlüssel nicht ganz identisch sind mit denen in der Artbeschreibung – diese hier auch zu zitieren verkneife ich mir allerdings).
Und so wurde mal wieder eine eigentlich unproblematisch wirkende Bestimmung zu einem Problemfall. Warum nur kommt mir das so furchtbar bekannt vor? Ich bleibe allerdings bei meinem Fund bei der Bestimmung Phellinus erectus, Aufrechter Feuerschwamm – schon wegen der makroskopisch so wunderbar passenden Erscheinung. Wer anderer Meinung ist, der trete vor!